Beschluss-Vorlage 155/2020: Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Eigenmittel für die Straßenbahnbeschaffung der GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera mbH (GVB) …

Betreff:

Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Eigenmittel für die Straßenbahnbeschaffung der GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera mbH (GVB) und dessen finanzielle Absicherung über eine angemessene Kapitalausstattung der GVB durch die vollständige Umwandlung des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital

Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat der Stadt Gera fasst folgenden Beschluss:

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Geschäftsführer der GVB in der Gesellschafterversammlung zu ermächtigen, unter der Voraussetzung einer Förderung in Höhe von 50 % ein Bankdarlehen zur Finanzierung des Eigenmittelanteils für die Beschaffung von zwölf Straßenbahnen zu den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages gültigen Zinskonditionen aufzunehmen.
  2. Die Darlehensaufnahme macht eine angemessene Kapitalausstattung der GVB notwendig, weshalb der Stadtrat den Oberbürgermeister der Stadt Gera beauftragt, in der Gesellschafterversammlung der GVB unverzüglich einen Beschluss über die vollständige Umwandlung des Gesellschafterdarlehens der Stadt Gera an die GVB in Eigenkapital zu fassen.

Nils Fröhlich, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Monika Hofmann, SPD-Fraktion

Andreas Schubert, Fraktion DIE LINKE

Sachdarstellung:

  1. Problem und Regelungsbedürfnis:
    Eine Ersatzbeschaffung für die noch durch die GVB betriebenen Tatra-Bahnen ist in jeder Hinsicht dringend notwendig:
    1) technisch: Die Tatra-Bahnen entsprechen nicht mehr den heutigen technischen Anforderungen, haben mit teilweise über 40 Jahren die übliche Lebensdauer von Straßenbahnfahrzeugen überschritten, der Service durch den Hersteller ist abgekündigt, Ersatzteile sind nicht mehr erhältlich, ein enormer Reparatur- und Instandhaltungsaufwand für den Weiterbetrieb ist notwendig und inzwischen sind vermehrt Ausfälle durch technische Mängel zu verzeichnen.
    2) gesetzlich: Ab 2022 wird durch das PBefG gesetzlich die vollständige Barrierefreiheit des Öffentlichen Nahverkehrs gefordert, jedoch mit den Tatra-Bahnen nicht annähernd gewährleistet, da lediglich 6 der 27 Fahrzeuge überhaupt über einen niederflurigen Mittelteil verfügen, der sich zudem nur über einen kleineren Teil dieser Fahrzeuge erstreckt.
    3) betriebswirtschaftlich: Der Weiterbetrieb der Tatra-Bahnen wird für die GVB in den nächsten Jahren erheblich teurer als die Beschaffung einer entsprechenden Anzahl neuer Niederflurbahnen. Aus Berechnungen der GVB geht hervor, dass der Kauf einer ersten Tranche von 6 Bahnen heute und einer zweiten Tranche von 6 weiteren Bahnen im Jahr 2027 sowie der dafür notwendige Weiterbetrieb von 6 Tatra-Zügen (bestehend jeweils aus 2 Bahnen) bis dahin schon Mehrkosten für die GVB in Höhe von ca. 1,8 Mio. EUR gegenüber einer heutigen Beschaffung von 12 Bahnen verursachen würde. Würde man mit der Beschaffung der zweiten Tranche bis 2036 warten, also dem Ende der Laufzeit des ÖDA, würden die Mehrkosten gegenüber der heutigen Beschaffung von 12 Bahnen auf ein Vielfaches dessen ansteigen. Diese Mehrkosten müssen bei der Frage der Finanzierung berücksichtigt werden, denn die GVB kann diese Kosten nicht aufbringen und Fördermittel sind in die Berechnung schon soweit wie möglich einkalkuliert. Für weitergehende Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen im Vergleich zu anderen Beschaffungsvarianten wird auf die dem Stadtrat am 6.10.2020 durch den Fachdienst Stadtrat zugesandte Matrix verwiesen.
    4) kommunalwirtschaftlich: Der Weiterbetrieb der Tatra-Bahnen wird für die Stadt Gera in den nächsten Jahren erheblich teurer, als die Beschaffung einer entsprechenden Anzahl neuer Niederflurbahnen. Entsprechend der Anlage 6 des ÖDA ist der Ausgleichsbetrag dann am niedrigsten ist, wenn der gesamte Bedarf an Straßenbahnfahrzeugen über neue Niederflurbahnen gedeckt wird, da dann der vorzuhaltende Gesamtfahrzeugbestand am niedrigsten ist (eine neue Bahn ersetzt einen Zug aus zwei Tatra-Bahnen). Auch die Abschreibungen für die Bahnen belasten die Stadt Gera nicht zusätzlich, da über den ÖDA kalkulatorische Abschreibungen unabhängig davon gewährt werden, welche Wirtschaftsgüter (z.B. Bahnen) mit welchem tatsächlichen finanziellen Aufwand beschafft werden.
    5) verkehrsplanerisch: Alle vorhandenen Bahnen waren bisher für die Aufrechterhaltung des per ÖDA und Fahrplan durch die Stadt bestellten Umfangs der verkehrlichen Leistungen notwendig. Nur durch einen adäquaten Ersatz aller Bahnen können diese Verkehrsleistungen weiter erbracht werden. Daraus ergibt sich ein Bedarf von 12 Neufahrzeugen und eine Flottengröße von insgesamt 24 Fahrzeugen für einen vollständig barrierefreien Betrieb. Gleichzeitig ist die Finanzierung des Eigenanteils für eine Ersatzbeschaffung sicherzustellen, weitgehend unabhängig von der Anzahl der neu zu beschaffenden Bahnen. Bei einer Eigenkapitalausstattung der GVB, wie sie bis bei Aufrechterhaltung des Gesellschafterdarlehens besteht, und unter der Voraussetzung, dass ab 2026 die Tilgung wieder aufzunehmen wäre, ist keine Bank bereit, der GVB ein Darlehen zu gewähren, da die GVB Zins und Tilgung des Darlehens nicht über den gesamten Finanzierungszeitraum bedienen könnte. Der Verzicht auf eine Ersatzbeschaffung würde daran nichts ändern, da die Kosten des Weiterbetriebs der Tatra-Bahnen für die GVB sogar noch höher wären und nicht förderfähig sind. Die Teilumwandlung des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital durch Beschluss DS-Nr. 161/2019 in Verbindung mit der festgelegten Eigenkapitalverzinsung auf 4 % hätten zwar den Mangel an Kreditwürdigkeit vollständig beseitigt. Allerdings wurden in der Festverzinsung vergaberechtliche Risiken seitens des Landesverwaltungsamtes gesehen.
  2. Lösung:
    Zur Sicherstellung des ÖPNV in Gera werden die völlig überalterten und technisch verschlissenen Tatra-Bahnen durch moderne Niederflurfahrzeuge ersetzt. Die 12 Niederflurbahnen werden im Zuge eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens beschafft. Der Fördermittelanteil soll 50 % der förderfähigen Kosten betragen. Zur Finanzierung des Eigenmittelanteils nimmt die GVB ein Darlehen in (Höhe wird über eine Ausschreibung ermittelt) zu den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages gültigen Zinskonditionen auf. Um die GVB finanziell in die Lage zu versetzen, ein Darlehen in der erforderlichen Höhe aufnehmen und über die gesamte Laufzeit bedienen zu können sowie gleichzeitig die vergaberechtlichen Risiken im Zusammenhang mit dem Beschluss DS-Nr. 161/2019 zu eliminieren, ist eine Beschlussfassung erforderlich, bei der auf die Festverzinsung des Eigenkapitals verzichtet, jedoch gleichzeitig der dadurch verringerte Mittelzufluss durch die vollständige Umwandlung des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital kompensiert wird.

Zur vollständigen Beschluss-Vorlage im Web …

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