Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Gera an Herrn Lutz Seiler

Beschluss-Vorlage: 98/2023

Betreff: Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Gera an Herrn Lutz Seiler
Beschluss: Der Stadtrat beschließt, Herrn Lutz Seiler die Ehrenbürgerschaft der Stadt Gera zu verleihen.

Christian Klein – CDU-Fraktion

Andreas Schubert – Fraktion Die Linke

Nils Fröhlich – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Monika Hofmann – Fraktion SPD

Sachdarstellung:

  1. Problem und Regelungsbedürfnis:
    Am 8. Juni 1963 in Gera geboren, absolvierte Lutz Seiler hier nach dem Besuch der Polytechnische Oberschule Bruno Kühn eine Berufsausbildung zum Baufacharbeiter und arbeitete als Zimmermann und Maurer.
    Während seines Grundwehrdienstes in der Nationalen Volksarmee begann er, sich für Literatur zu interessieren und auch selbst zu schreiben. Anschließend studierte er Geschichte und Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle (Saale).
    Nach dem Fall der Mauer ging er nach Berlin, wo er als Kellner arbeitete und die Literaturzeitschrift moosbrand herausgab. 1997 übernahm er die Leitung des literarischen Programms im Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst bei Potsdam. Bis heute übt er diese Tätigkeit aus und pendelt regelmäßig zu seiner Familie nach Stockholm. Darüber hinaus ist Seiler freiberuflicher Schriftsteller.
    Insbesondere sein Wenderoman Kruso und der Nachwenderoman Stern 111 fanden enorme Beachtung und eine breite Leserschaft im In- und Ausland.
    Seilers Werk – Gedichte, Romane, Erzählungen, Essays – nimmt geografisch, historisch und philosophisch seinen Ausgang in Gera. Er hat damit wichtige Debatten angeregt und Denkanstöße gegeben – als Chronist der Wendezeit, bei der Thematisierung des Spannungsverhältnisses von Individuum und Gemeinschaft, den Verlockungen der westlichen Konsumgesellschaft oder in Bezug auf den Freiheitsbegriff.
    Seiler schuf damit Projektionsflächen insbesondere für all jene Menschen, die seine Erfahrungen mit der DDR-Diktatur, Euphorie und Ernüchterung im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung oder auseinanderbrechendem sozialen Zusammenhalt teilen. Gleichzeitig hat er den erlebten Alltag in einen globalen Zusammenhang gestellt und in Poesie verwandelt.
    Lutz Seiler avancierte in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Zu seinen vielfältigen Auszeichnungen zählen die wichtigsten Literaturpreise des deutschsprachigen Raums, so unter vielen anderen der Ingeborg-Bachmann-Preis (2007), der Deutsche Buchpreis (für „Kruso“), der Preis der Leipziger Buchmesse (für „Stern 111“), der Bertolt-Brecht-Preis und der Berliner Literaturpreis. Am 4. November 2023 wurde Lutz Seiler der Georg-Büchner-Preis verliehen, der renommierteste Literaturpreis im deutschsprachigen Raum.
    Der Autor wurde damit auch zu einem herausragenden Botschafter seiner Geburtsstadt. Anlässlich des 60. Geburtstags des Autors wurde in jüngster Vergangenheit wiederholt von Geraer Bürgern die Ernennung des Autors zum Ehrenbürger gefordert. Lutz Seiler hat sich um Gera in außergewöhnlicher Weise verdient gemacht, indem er Lebenserfahrungen artikulierte und reflektierte, die viele Menschen in Ostthüringen mit ihm teilen, sowie dadurch, dass er den Ruf Geras in die Welt trug.
    Mit Lutz Seiler würde die Stadt Gera erstmals seit 2004 wieder einer Persönlichkeit aus dem kulturellen Leben die Ehrenbürgerschaft verleihen.
  1. Lösung:
    Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) können Gemeinden Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Gemeinde und das Wohl ihrer Einwohner verdient gemacht haben, zu Ehrenbürgern ernennen.
    Die Stadt verleiht im 35. Jahr nach der Wende in einem feierlichen und würdigen Rahmen die Ehrenbürgerschaft an Herrn Lutz Seiler.

Zur vollständigen Beschlussvorlage