Fraktion und Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen Gera kritisieren die Wahl des Stadtratsvorsitzenden von der AfD

Die gestrige Wahl eines Stadtratsvorsitzenden von der AfD stellt ein unrühmliches Novum für eine größere Stadt in Deutschland dar. Wieder einmal ist es Gera, das auf diese Weise von sich reden macht.

Die Wahl fand auf Grundlage der Hauptsatzung statt, welche vorsieht, dass nur die stärkste Fraktion einen Vorschlag für den Vorsitz unterbreiten darf. „Wir betrachten diese Regelung als eine massive Beschränkung unseres passiven, aber vor allem unseres aktiven Wahlrechts, einem der Fundamente einer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dass dieses Verfahren in Gera in der Vergangenheit geduldet wurde, ändert daran nichts. Es zeigt lediglich, dass die bisherigen Kandidaten für den Vorsitz offenbar keinen Anlass zur Beanstandung bzw. zur Verweigerung gaben – getreu dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“, äußerte sich Fraktionsvorsitzender Nils Fröhlich. Dies sei nun anders!

In seinem öffentlichen Auftreten mag der neu gewählte Vorsitzende unauffällig sein, seine Partei sei dies hingegen mitnichten. Die AfD habe, wie keine andere Partei vor ihr, die Gesellschaft polarisiert, den öffentlichen Diskurs vergiftet, Hass verbreitet, die demokratischen Institutionen in Frage gestellt oder ihnen schlicht die Legitimation abgesprochen und regelwidriges Verhalten zum Prinzip erklärt. Ein Vertreter dieser Partei solle den Geraer Stadtrat nun repräsentieren, ihn nach außen vertreten, nach innen für Ordnung sorgen und die Einhaltung der Regeln durchsetzen? „Wir sehen uns außerstande, einfach zu akzeptieren, dass diese Wahl getroffen wurde, ohne dass die Stadtratsmitglieder tatsächlich eine Wahl hatten – ohne die Chance gehabt zu haben, jemand anderen vorschlagen oder sich für jemand anderen entscheiden zu können“, konstatiert Thomas Wieden, einer der beiden Sprecher des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen Gera.

Die Mitglieder des gestrigen unheiligen Wahlbündnisses scheinen hier jede Berührungsangst verloren zu haben. Die Spitzen der Landes-CDU bestritten dies jedoch öffentlich und sprachen angesichts des Abstimmungsergebnisses, 23 Stimmen in geheimer Wahl, sogar von einer klaren Haltung ihrer Parteigenossen in Gera. Und das, obwohl anschließend mehrere kontroverse Entscheidungen mit ebendieser Mehrheit getroffen wurden – für jeden sichtbar, teils mit gemeinsamen Anträgen und in namentlicher Abstimmung mit den Stimmen von AfD, CDU, Bürgerschaft und Für Gera. „Diejenigen, die hier von klarer Haltung sprechen, lassen es vielmehr daran vermissen! Wir fordern die bürgerlichen Parteien und Wählervereinigungen daher dazu auf, in ihrem Verhältnis zur AfD zu eben jener Haltung zu finden, die sie so gern für sich in Anspruch nehmen!“, so Fröhlich abschließend.

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